Die JUSO Stadt Zürich will den Gemeinderat aufmischen
Am Mittwoch, 1. Dezember, hat die JUSO Stadt Zürich mit einer Pressekonferenz offiziell ihren Gemeinderatswahlkampf lanciert. Die Konferenz fand auf der Rathausbrücke – hinter dem Rathaus – statt. Die vier Spitzenkandidatinnen der JUSO stellten die vier Wahlkampfthemen mit je einer konkreten Forderung vor. Die JUSOs wollen die jungen, weiblichen Stimmen der Bewegungen in den Rat tragen.
In zweieinhalb Monaten sind Gemeinderatswahlen. Noch nie sei die Ausganslage der JUSO so gut gewesen wie dieses Jahr, meint Wanda Siegfried, Co-Präsidentin der JUSO Stadt Zürich. “Wir haben 18 Kandidat*innen in allen Stadtkreisen auf den SP-Listen, mehrere davon auf guten Listenplätzen und mit Wahlchancen.” Das habe auch mit den Bewegungen zu tun – sei es der Klimastreik, der Frauenstreik, oder die Velobewegung. Durch sie seien viele junge Menschen politisiert worden. Und einige haben ihr politisches Zuhause in der JUSO gefunden. Aber die jungen Menschen aus den Bewegungen sind in der Politik nach wie vor untervertreten – so auch im Zürcher Gemeinderat. Dasselbe gilt für Frauen: Der Anteil von gewählten Frauen lag nach den letzten Gemeinderatswahlen unter einem Drittel.
Das will die JUSO ändern. Sie will den Gemeinderat jünger und weiblicher machen. Die Kandidat*innen wollen die Forderungen der Bewegungen ins Parlament tragen, damit es endlich vorwärts gehe. Die JUSO plant einen Wahlkampf mit Aktionen, geselligen Anlässen und einer Social Media Kampagne mit dem Ziel, junge Menschen zum Wählen zu motivieren. “Denn es braucht uns, sowohl auf der Strasse, als auch im Parlament.” ergänzt Siegfried.
An der Pressekonferenz redeten die vier Spitzenkandidatinnen der JUSO: Anna Luna Frauchiger (1998, Kreis 9, ehemalige Co-Präsidentin JUSO Stadt Zürich und Aktivistin), Nevin Hammad (1996, Kreis 6, Sekretärin JUSO Kanton Zürich und Aktivistin), Wanda Siegfried (1998, Kreis 3, Co-Präsidentin JUSO Stadt Zürich, Klima- und Velo-Aktivistin) und Lara Can (1997, Kreis 1&2, Sekretärin SP Migrant:innen und ehemalige Co-Präsidentin JUSO Stadt Zürich).
Die vier Kandidatinnen JUSO Stadt Zürich stellten die folgenden vier Wahlkampfthemen vor:
Polizeirepression
Im letzten Jahr kam es an vielen Demonstrationen zu verstärkter Polizeirepression. Doch die Stadtpolizei Zürich hat ein grundsätzliches Gewalt-, Rassismus-, und Sexismus-Problem. «Wir wollen darüber sprechen, wenn die Polizei ihre Grenzen überschreitet. Und wir wollen Lösungen suchen», so Anna Luna Frauchiger, Gemeinderatskandidatin im Kreis 9. Die JUSO fordert etwa ein Verbot von Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfern an Demonstrationen. Der Angriff auf Demonstrierende mit diesen Mitteln provoziere in vielen Fällen unnötige Gewalteskalationen und entfache unnötiges Aggressionspotenzial auf beiden Seiten.
Queerfeminismus
Obwohl die Stadt Zürich allgemein als bunt und queerfreundlich gilt, sieht die Realität anders aus. Noch immer steht Gewalt und Diskriminierung auf der Tagesordnung. “LGBTQ-Feindlichkeit ist immer noch Realität und weit verbreitet. Noch immer trauen sich homosexuelle Paare nicht, händchenhaltend durch die Stadt zu laufen. Noch immer werden junge Queers mehr gemobbt, ausgeschlossen und schikaniert. Und noch immer ist die Suizidrate von queeren Jugendlichen fünfmal so hoch wie die von heterosexuellen Jugendlichen”, sagt Nevin Hammad, Sekretärin der JUSO Kanton Zürich und Gemeinderatskandidatin im Kreis 6.
Ähnlich wie bei Frauenhäusern, bei derer Unterstützung es endlich vorwärts gehe, brauche es auch für queere Menschen sichere Räume. Die JUSO fordert daher den Aufbau von sicheren Räumen, die gut zugänglich sind. Es brauche einen Ort, von dem Menschen wissen, dass sie dort Hilfe bekommen. “Denn Zürich ist eine vielfältige Stadt. Das ist wichtig und schön. Aber diese Vielfalt müssen wir schützen.”
Klima
Immer mehr Menschen sind weltweit von der Klimakrise betroffen, sei es durch Hunger wegen Dürren und Überschwemmungen oder weil sie durch den steigenden Meeresspiegel oder Waldbrände ihr Zuhause verlieren. “Immer, wenn ich Bilder solcher Katastrophen sehe, wenn ich Opfer- oder Todeszahlen lese und mir versuche vorzustellen, wie viele Menschen, wie viele Individuen mit wie vielen unterschiedlichen Geschichten und Schicksalen davon betroffen sind, dann weiss ich: Wir müssen etwas unternehmen.”, sagt Wanda Siegfried Co-Präsidentin der JUSO Stadt Zürich und Kandidatin im Kreis 3. “Uns rennt die Zeit davon, daher müssen wir auch in Zürich vorwärts machen. Es reicht nicht, bis 2040 das Netto-Null-Ziel zu erreichen.” Die JUSO sehe eines der Probleme darin, dass heute ein grüner Konsum etwas ist, was sich nur Leute mit genug Geld leisten können. Es dürfe nicht sein, dass sich Menschen mit wenig Geld keinen klimaverträglichen Lebensstil leisten können. Die JUSO fordert daher unter anderem, dass die Stadt lokale, biologische und grundsätzlich klimaverträgliche Produkte fördert. Für Siegfried ist klar: Die Zeit zu handeln ist überfällig: “Wir wollen in den Gemeinderat, um diese Dringlichkeit in den Rat zu tragen, um die Forderungen des Klimastreiks zu vertreten, um dem alten Männern Feuer unterm Arsch zu machen.”
Asyl und Migration
Die Themen Migration und Asyl werden auf städtischer Ebene kaum beleuchtet. Häufig wird darauf verwiesen, dass es in der Kompetenz des Bundes, des SEMs oder einer anderen Instanz sei. “Wir akzeptieren nicht, dass jede Veränderung im Migrationsbereich halt Bundeskompetenz sei. Wenn Menschen leiden in unserer Stadt, dann ist das auch unsere Verantwortung.” so Lara Can, ehemalige Co-Präsidentin der JUSO Stadt Zürich und Gemeinderatskandidatin in den Kreisen 1 und 2.
Die Pandemie hat klar gezeigt, dass in der Stadt Zürich dringender Handlungsbedarf besteht. Es kann nicht sein, dass Menschen in einer reichen Stadt wie Zürich für Essen in der Schlange stehen müssen.
Auch beim Bundesasylzentrum, das auf städtischem Boden steht, sieht die JUSO die Stadt Zürich politisch und gesellschaftlich in der Verantwortung. Zürich müsse alles dafür tun, um die Zustände schnell zu verbessern. Die JUSO fordert deshalb unter anderem die Einführung einer unabhängigen, städtischen Ombudsstelle, die für Beschwerden der Bewohner:innen des BAZs zuständig ist. “Die Stadt Zürich muss hinschauen, den Missständen Gehör schenken und handeln. Dafür braucht es eine unabhängige, städtische Ombudsstelle”, so Can.